Lapinkaste 5

Jumalauta Perkele!

Eine Autokolonne aus 5 Fahrzeugen hat es tatsächlich wieder geschafft, den 66,5 Grad nördlicher Breite in einem strammen Zweitagesritt zu erreichen.

Nach verzögerter Abfahrt, geschuldet einem nicht genannten verwirrten Herren aus Leipzig, ging es nach einer kurzen, exquisit gebetteten Fährüberfahrt die gesamte schwedische Küste hinauf. Einige Tank- und P…lpausen später kam die Kolonne an einem geheimzuhaltenden Strandabschnitt am Bottnischen Meerbusen zum Stehen. Viereckige Augen und steife Knochen bekamen eine verdiente Auszeit und Entspannung für die Nacht. Nach 550 km am Folgetag querte unser Tross am späten Nachmittag den Nördlichen Polarkreis. Tervetuloa Loma Vietoneen! Nachdem die Bungalows bezogen, die Esel abgesattelt und die wortwörtliche Einnordung stattgefunden hatte, gab es unser erstes gemeinsames Abendbrot im Camp. Etliche Stunden geselligen Beisammenseins später trieb uns die aufkommende Müdigkeit in die Betten. Die Nacht ward noch immer missig und wird sich in diesen Breiten vor Ende August wohl auch nicht richtig zeigen.

Einen Lapinkaste-Tagesablauf sollte man sich in etwa so vorstellen: Wecken mit russischer Marschmusik gegen 8:00 Uhr. Finnisches Frühstück im Haupthaus bis ca. 9:00 Uhr. Um 10:00 Uhr gab es eine Trainingseinheit Karate und nach einem einfachen Mittagessen gegen 15:00 Uhr eine Einheit Kickboxen. Um 19:00 Uhr blubberten die Töpfe und es gab ein reichhaltiges Abendbrot. Die Abendgestaltung war vom Verzehr isotonischer Getränke in, vor und neben der Sauna geprägt, wobei die Lachmuskulatur jeden Abend ausgiebig trainiert wurde.

Doch nun mal im Einzelnen. Karate-Thema der Woche war die Kata Tekki Nidan. Selbst unsere Anfänger konnten sich mit einem Verständnis der Grundtechnik über die Bunkai zum Ende der Woche selbst entknoten. Eine neue Erfahrung waren auch die beim Kickboxen trainierten Low-Kicks sowie seitlich geschlagene Fauststöße zum Körper. Physisch anspruchsvoll, aber in der Herangehensweise nicht so verkopft, haben sich in der Woche ganz neue Wege für das Karate-Do eröffnet. Als Gast durften wir am Donnerstag Mr. Gyaku-Tsuki-Kiiskilä in unserer bescheidenen Hütte begrüßen. Leider hatte Risto wenig Zeit, denn sein Sommerhaus in der Nähe von Melthaus nahm den Hausherren zeitlich in Beschlag.

Unser mittwöchlicher Wandertag führte uns auf einen wilden Rundweg am Roundajoki, NÖ von Rovaniemi. Nachdem unsere Pfadfinder die direkte Herausforderung suchten und die Beine knietief im Morast versanken, fanden wir auf die Holzplanken zurück und genossen das wilde Wasser, die Stromschnellen und ihre wackligen Brücken bei einem Lagerfeuer mit Kaffee, Grillwurst und nassen Socken. Doch eine Belohnung für die abenteuerliche Strapaze über Fluß und Moor, Steg und Hügel kam auf dem Heimweg in der Savusauna am anderen Seeufer. Runter mit den Klamotten und schwitzen in der verrußten Räucherkammer, Mückenstiche kühlen im See, im heißen Topf sitzen und Blubberblasen machen, mal wieder richtig Kind sein dürfen und sich nebenbei noch am Buffet in der Kota den Bauch vollschlagen bis der Sandmann die Äuglein schließt.

Unser Mitternachtsgrillen am höchsten Punkt des Eeron Polku bot am Freitag eine traumhafte Aussicht auf die umliegende Wald- und Seenlandschaft. Zum Knistern des Feuers wurde unser Guitarrero von etlichen geölten Stimmen mehr oder weniger textsicher begleitet. Als die blutrote Scheibe am Horizont verschwand und Nebel von den Seen aufstieg, stiegen wir die 100en Treppen hinab zum Parkplatz. Einer traumhaften Truppe mit einer ehrenwerten Mission sei solch ein wunderschönes Plätzchen durchaus beschert.

Bootfahren, Baden, Stand-Up-Paddeln, Angeln mit durchaus gewichtigem Erfolg, eine tägliche Kaffeerunde am „Stabsbungalow“, WLAN im Pavilion, Rentiere vor der Veranda, 10 Gestalten auf dem Donnerbalken, geflügelte Blutsäufer, nicht vorhandene Blaubären und Witze erzählen sind so einige Schlagworte, die wohl den Meisten im Gedächtnis bleiben werden.

Sonnabend, der letzte Tag im Camp. Unsere Lapinkaste 5-Abschlußparty wurde ein genüssliches, schweißtreibendes, poetisches, koordinativ forderndes und gemeinschaftliches Erlebnis. Neben gutem Essen und leckerem Bier wurde massiv das Tanzbein geschwungen – hört,hört!, selbst gedichtete poetische Ergüsse vorgetragen und das Anstoßen und Trinken mit der Gruppe auf eine neue, koordinative Stufe gehoben. Ein würdiger Abschluß für einen gelungenen Ausflug.

Bedanken möchte ich mich im einzelnen bei unseren Chefkochs mit ihren vielen fleißigen Händen, dem Flughafenshuttle, dem Caravan-Transportunternehmen, dem Kamera- und Fotografenteam, der musikalischen Begleitung, Illmarienen, der seine schützende Hand über unser Unterfangen gelegt hat, unseren finnischen Gastgebern sowie beim Teamgeist eines jeden Teilnehmers.

Kiitos, wir waren eine dufte Truppe, echt Lapinkaste!

Der Reiseverleiter

Veröffentlichung 5 Jahren her am · Direktlink